Das Critchley Hackle Gästehaus soll uns lediglich als netter , kurzer Zwischenstop für eine Nacht auf dem Weg von Johannesburg in die Game Reserves dienen, um die ersten 600 km ein wenig aufzulockern.
Bereits im Landeflug auf den Flughafen Johannesburg kündet der Captain der Crew über die Lautsprecheransage Gewitter und kaltes Wetter an - außerdem würden um Johannesburg herum momentan starke Stürme ihr Unwesen treiben, was zu Turbulenzen führen könne, wir sollten es uns jedoch "einfach gemütlich machen und cool bleiben".
In Johannesburg angekommen, mussten wir die sich einzig im Gepäck befindliche Fleecejacke jedoch deutlich höher zu zippen als erwartet. Es ist kalt! Während unsere daheim Gebliebenen in Frankfurt auf dem Balkon den Spätsommer genießen, landen wir nach unserem mauritianischem Paradies kurz nach dem kältesten Winter, den Johannesburg seit 20 Jahren inkl. Schneefall erlebt hat nun in einem sich recht unwillig anlassendem südafrikanischem Frühling. "Egal, es wird sicher mit jedem Kilometer besser", denken wir uns - und tatsächlich geben uns die Wolken auf den vom Tomtom angesagten 320 km bis zur ersten Station ab und zu den Blick auf die Sonne frei. Unser Optimismus steigt. Mittlerweile kämpft unsere Psyche, zunächst stillschweigend jeder für sich, mit ganz anderen Problemen. Es ist hässlich hier. Weit und breit - auch nach 200 gefahrenen Kilometern - immer noch dieselbe monotone Karglandschaft, die lediglich immer wieder von lieblich dampfender Industrie unterbrochen wird. Aber wir bleiben optimistisch. Alle sagen, dass sich Südafrika in den angepeilten Provinzen von seiner schönsten Seite zeigen würde. Nach 290 km fragen wir uns, ob die anderen einfach eine andere Empfindung für Ästhetik haben?! Wir schauen alle drei Kilometer auf das GPS. Wir glauben, dass sich in den verbleibenden 30 km überraschend noch sehr viel tun kann und starren hoffnungsvoll auf jede 90 Grad Kurve. Ah, endlich, wir befinden uns auf der Zielgeraden. Doch wo kommt plötzlich der Nebel her? Er wird jede Minute dichter, am Ende beträgt die Sicht auf das voran fahrende Fahrzeug noch etwa drei Meter. Und es ist kalt! Sehr kalt! Das Außenthermometer des Fahrzeugs meldet statt der erwarteten 20° frostige 7°, die sich durch den einsetzenden starken Wind noch deutlich kühler anfühlen. Endlich fahren wir von der Straße auf den befestigten Nebenweg zu unserer ersten Unterkunft in Südafrika ab. Ein Stopover auf dem Weg in das versprochene Naturparadies, in dem aufregende Safaris auf uns warten. Wir checken ein in einem alten aus Backstein gebauten Gemäuer, das innen im Kolonialstil gehalten wird: von einzelnen Lichtspots angestrahlte Gemälde an den Wänden, Balmoral-Ledersofas, die so knautschig sind, dass man nie wieder aufsteht, hat man sich erst einmal darauf nieder gelassen, knisterndes Feuer und knackende Holzscheite im Kamin, flackerndes Licht und ein eisiger Zug, der durch das alte Gemäuer bläst. Wir schauen etwas verwundert, als wir bemerken, dass die Angestellten auch drinnen Daunenjacken mit Pelzbesatz tragen. Das hat was! Wir kommen uns vor wie in einen dieser alten Scotland Yard Filme versetzt. Unwillkürlich denke ich an Nebel im Hochmoor und den "Hund von Baskerville". Eine ganz spezielle und geradezu cineastische Stimmung. Aber mussten wir dafür nach Afrika reisen? Wir sind etwas hin und her gerissen. Nachdem wir ein heißes Bad in unserem charmanten Chalet mit Blick auf den Forellenteich (wenn kein Nebel ihn verstellt) eingenommen und uns am Kamin gewärmt haben, beschließen wir, die Küche auf Herz und Nieren zu testen. Nach dem langen Tag, der um fünf Uhr in der Frühe begann, einer langen Autofahrt mit ein paar ungewollten Umwegen zum Flughafen von Mauritius, einem 4,5 stündigen Flug nach Johannesburg und dann nochmal 3,5 Stunden Autofahrt bis zur ersten Unterkunft haben wir Hunger! Die Küche zeigt sich von ihrer besten Seite und besänftigt Gaumen und Gemüt. Das Ragout vom Rind schmilzt geradezu auf der Zunge. Und auch der ausgesuchte Rotwein, ein Pinotage, schmeckt deliziös dazu. Nach dem eingenommenen Mahl schleppen wir uns mit letzter Kraft in unser neues Nest und wollen eigentlich nur kurz ruhen. Wir wachen erst 11 Stunden später um 8 Uhr morgens wieder auf, den Schlaf nur kurz von einem heftigen Gewitter unterbrochen, und, um diese Gelegenheit zu nutzen, das Licht zu löschen, bei dem wir eingeschlafen sind.
Der nächste Morgen ist etwas beschaulicher. Der Nebel hat sich gelüftet und gibt den Blick auf die Landschaft der Schwarzwald-Klinik frei. Auch das hat seinen Charme, den wir bereitwillig in das Sammelsorium an Eindrücken unserer Afrikareise aufnehmen. Nach einem fantastischem Frühstück beschließen wir, tiefer in dieses überraschende Land einzudringen und begeben uns auf die Reise zu unserer ersten "echten" Lodge in Mpugalanga.
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Pa (Montag, 10 September 2012 10:57)
Nach dieser afrikanischen Ouvertüre, die ihr mit viel Humor zu ertragen scheint, kann es nur noch aufwärts gehen! Heia Safari!
Pa (Montag, 10 September 2012 10:57)
toller Effekt: das leuchtende Gelb auf den s/w-Fotos!